The Return of the Wolf to Germany: mapping extraordinary affective encounters
gefördert von der Volkswagen-Stiftung im Rahmen der Initiative ‚Originalitätsverdacht? – Neue Optionen für die Geistes- und Kulturwissenschaften‘,
Oktober 2019 – April 2021
Die Rückkehr der Wölfe nach Deutschland ist von hoher Emotionalität geprägt. Zugleich rufen immer wieder verschiedene Akteure (meist die Gegenseite) zu einer Entemotionalisierung der Debatten und ‚mehr Sachlichkeit‘ auf. Jedoch mit mäßigen Erfolg. Bei Parlamentsdebatten, öffentlichen Vorträgen oder Demonstrationen wird sich empört und ‚Stimmung‘ gemacht. Weidetierhalter sind frustriert und äußern ihre ständige Angst um ihre Tiere. Wolfsgegner und Wolfsbefürworter begegnen sich (online und offline) gereizt bis aggressiv. Hass auf Wölfe führt immer wieder zu illegalen Tötungen von Wölfen. Wolfsbefürworter hingegen begrüßen die Rückkehr der Wildnis mit Liebe und Faszination für den Wolf. Und die Mehrheitsbevölkerung scheint schlicht verunsichert und äußert ‚Sorgen und Ängste‘, die von der Politik und dem Wolfsmanagement aufgegriffen und ‚ernst genommen‘ werden.
Dieses Projekt untersucht dieses emotional aufgeladene Beziehungsgeflecht zwischen Menschen und Wölfen mit dem Ziel einen gesamtheitlichen Blick auf das Konfliktfeld rund um die Rückkehr der Wölfe zu ermöglichen. Dabei sollen affektive Strukturen herausgearbeitet, beschrieben und damit kulturelle Bedeutungsmuster sichtbar gemacht werden, welche das Konfliktfeld implizit prägen und rahmen. Individuelle und gruppenbezogene Handlungs- und Denkweisen, Meinungsäußerungen und Wissensbestände werden so verstanden als eingebettet in intersubjektive Atmosphären, Stimmungen und Sentiments (dauerhafte emotionale Dispositionen). Das Wolfsmanagement wird in diesem Kontext zum Affektmanagement. Dieses wird wiederum symptomatisch als Ausdruck von gesamtgesellschaftlichen, ‚zivilisatorischen‘ Disziplinierungsprozessen (Elias, Foucault) verstanden, welche in Zeiten einer ‚großen Gereiztheit‘ (Pörksen) eine besondere Bedeutung für den sozialen Zusammenhalt haben.
Die methodische Vorgehensweise ist dabei qualitativ-ethnographisch. Im Sinne einer Kulturanalyse (Lindner) werden verschiedene Methoden (Teilnehmende Beobachtung, informelle Gespräche, teilstrukturierte Interviews, etc.) und Erscheinungsformen des Kulturellen (situierte Praktiken, institutionelle Infrastrukturen, Diskurse, materielle Artefakte, etc.) über einen längeren Zeitraum (Oktober 2019 – September 2020) kombiniert.