Jagdlandschaften in Deutschland sind gekennzeichnet durch eine Vielzahl von Jagdeinrichtungen, darunter vor allem die ‚Ansitze‘: Schirme, Drückjagdböcke, Leitern, Kanzeln. Sie bieten Jägern zweierlei: eine Beobachtungsposition und eine Schussposition. Die jagdspezifische Wahrnehmung der Landschaft ist somit – zumindest bei der Ansitzjagd – gerahmt durch die materiellen Gegebenheiten des jeweiligen Ansitzes. Die unterschiedlichen Höhen der Ansitze sorgen für verschiedene Perspektiven und Überblick über die Umgebung, sowie vermehrten ‚Kugelfang‘ (von oben schießt man in einem Winkel gegen den gewachsenen Boden, der die Kugel auffängt). Gleichzeitig wirkt sich die Höhe auf die Wahrscheinlichkeit aus, selbst vom Wild wahrgenommen zu werden: je höher der Ansitz, desto schwieriger ist es für das Wild, den Jäger zu sehen, hören oder zu riechen. Allerdings erkauft sich auch der Jäger auf dem Ansitz seine bessere Übersicht mit reduzierten Möglichkeiten, das Wild zu hören oder zu riechen. Kommt dann noch die Art der Umbauung des Ansitzes (geschlossen/offen) hinzu, intensivieren sich Vor-und Nachteile der sinnlichen Wahrnehmung.
Auf einem niedrigen, offenen Drückjagdbock ist der Jäger nahe am Geschehen: er sieht das Wild fast auf Augenhöhe, in alle Richtungen, kann optimal hören und riechen, was in der Umgebung vor sich geht. Allerdings ist er so auch optimal sehbar, hörbar und riechbar für das Wild. Im Kontrast dazu liefert ein hoher Ansitz mit geschlossener Kanzel zwar überblickende Perspektiven (wenngleich nur durch kleine Fenster in bestimmte Richtungen), doch nicht den Rundumblick einer offenen Kanzel. Dagegen ist der Schutz vor dem Gesehenwerden, Gehörtwerden und Gerochenwerden bei einer geschlossenen Kanzel besser als bei einer offenen, bei der allerdings wiederum das Hören und Riechen weniger eingeschränkt ist.
Somit gehört die Jagdarchitektur zu den materiellen, strukturellen Bedingungen, welche die sinnliche Landschaftswahrnehmung und den sinnlichen Umgang mit dem Wild auf unterschiedliche Weise prägen.